Presseartikel: Schreinerzeitung

Zimmermann ziert Bauernkalender

Einen Fotokalender blättert man alle 30 Tage um. Doch die Fässlers, wohnhaft auf einem Bauernhof in Altendorf im Kanton Schwyz, verharren schon seit Monaten bei Dezember 2021. Das kommt wohl daher, dass auf dieser Seite Adrian, Sohn des Hauses, höchst ansehnlich abgelichtet ist. Mit blankem Oberkörper, in Lederhosen und gestylten Haaren sitzt der junge Zimmermann auf einer Treppe vor einem Bauernhaus und guckt in die Kamera. Seine Arbeitskollegen bei der Karl Bruhin AG, Holzbau und Planungen, finden das cool, seine Grosseltern und Eltern sowieso, Hund Lucky wedelt mit dem Schwanz, sobald er sein Herrchen auf dem Foto erkennt, und fragt man Adrians Schwester Denise, so sagt diese nur: «Finde ich gut. Passt zu ihm wie die Faust aufs Auge.»

Fest steht, Adrian Fässler ist für jeden Spass zu haben. So macht der 20-Jährige zur Fasnacht bei der Altendorfer Schlipfloch Clique im Gewand einer Hexe recht erfolgreich Jagd auf schöne Frauen und vertreibt so nebenbei den Winter. Eine gute Figur macht er auch als Model. So beispielsweise für das junge Schweizer Modelabel Edelvetica, welches kleidertechnisch für helvetische Gefühle sorgt. Fässlers Kumpel Valentin Pfister gründete es 2017 und führt es seither. Er war es auch, der seinem Fitness-Kollegen den Floh vom Bauernkalender-Shooting ins Ohr setzte. Ohne grosse Gegenwehr liess sich Fässler überzeugen, füllte das Anmeldeformular online aus, gab Kleider- und Schuhgrösse an und schickte ein Foto mit. Prompt lud man ihn zum Casting für die Ausgabe 2021 des Schweizer Bauernkalenders ein. 

Der 20-Jährige erschien oben ohne mit seiner eigenen Lederhose, die im Normalfall für regionale Oktoberfeste zum Einsatz kommt. «Die Jury haute es fast vom Hocker. Alle waren begeistert. Die Zusage hatte ich in der Tasche», berichtet er. Und das ist nicht selbstverständlich. Jedes Jahr bewerben sich zahlreiche junge Leute mit Mindestalter 18 und Bezug zur Landwirtschaft beim Verlag. «Damen müssen ihre BH-Grösse angeben. Bei mir entfiel dieses Kriterium», witzelt Fässler. Das Shooting fand im Juni 2020 auf einem Bauernhof im Kanton Luzern statt. Es war eiskalt. «Wind, Wetter, Regen. Alle hatten Wintersachen an, und ich oben ohne mit Gänsehaut», erzählt er und berichtet, dass ihn der Gedanke an Wärme während des Shootings vor dem Erfrieren bewahrte. Jährlich bringt die Calendaria AG den Schweizer Bauernkalender in den Versionen Boys oder Girls heraus. Bestellen kann man das gute Stück dann auch online auf www.bauernkalender.ch. Fässler muss das nicht. Als Gage fürs Shooting erhielt der junge Zimmermann nämlich neben einem kleinen Lohn auch zehn druckfrische Exemplare dieses Kalenders. «Ich würde mich sofort wieder bewerben, aber es geht leider nur alle zwei Jahre», sagt er. Für immer sein Bundgeschirr an den Nagel zu hängen und nur noch zu modeln, könnte sich Fässler im Moment nicht vorstellen. Für das liebt er seinen soeben erlangten Beruf zu sehr. 

«Das Gefühl, im Freien zum Beispiel auf Dächern mit Massivholz zu arbeiten und zu gestalten, passt zu mir», erklärt er. Doch andererseits würde ab und zu ein Modelauftrag zusätzlichen Schwung in sein Leben bringen. Sein Auftritt im Bauernkalender ermutigt ihn zu diesem Traum, denn bisher hat ihm sein Sixpack-Auftritt in Lederhose viele Komplimente eingebracht. 

Natürlich gab es auch Kritiker. «Sie behaupten, ich würde nicht aussehen wie ein richtiger Bauer», sagt er, haut auf den selbst gezimmerten Küchentisch aus Kastanienholz und fügt hinzu: «Gopf, soll ich mich schämen, wenn ich gut aussehe? Ich mache mein Ding. Ist doch cool, wenn geredet wird.»

 

Quelle: Schreinerzeitung vom 26.08.21, Beatrix Bächtold

 

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